Was sich vor wenigen Wochen mit “neuen Enthüllungen” über die Sprengung der Ostsee-Pipelines ankündigte, führt nun zu Spannungen zwischen Polen und Deutschland. Dies war absehbar, nachdem deutsche Ermittler Vorwürfe gegen Polen erhoben hatten.
Zeichneten sich die bisherigen “Ermittlungen” zur Sprengung der Erdgas-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 seit bald zwei Jahren schon durch allerlei Absurditäten aus, so kommt es nach den neuesten “Erkenntnissen” deutscher Ermittler nun zu neuerlichen Spannungen zwischen Warschau und Berlin.
Mitte August hieß es aus Kreisen des Bundeskriminalamts und der Bundespolizei, staatliche Stellen Polens und der Ukraine hätten die Zerstörung der unterseeischen Gasröhren nicht nur geplant, sondern auch ausgeführt – und zwar mit Wissen und Billigung der beiden Staatspräsidenten Andrzej Duda und Wladimir Selenskij (RT DE berichtete). Vor knapp einem Monat interviewte Springers Welt zu dem Thema August Hanning, den ehemaligen Chef des BND. Nun legen Welt und Hanning nach – und sprechen von der “Mittäterschaft” Polens. Polens Präsident Duda spricht prompt von einer prorussischen Kampagne.
Nachdem Schweden und Dänemark inzwischen ihre Ermittlungen offiziell ergebnislos eingestellt haben, ist Deutschland der einzig verbliebene Anrainerstaat, der formal noch ermittelt. Die Welt gibt sich zunächst ratlos, wer für die Sprengung von drei der vier Gasleitungsstränge verantwortlich sein könnte, referiert jetzt aber, wie im Monat zuvor, weitgehend unkritisch die “Ergebnisse” der deutschen Ermittler. Als ob es die detaillierten Enthüllungen eines Seymour Hersh nie gegeben hätte
Demzufolge sei der Hauptbeschuldigte ein ukrainischer Tauchlehrer, dessen Name in der deutschen Presse oft mit “Wolodymyr S.” abgekürzt wird. Diese Kurzform, die wohl nicht zufällig an den Namen des früheren ukrainischen Präsidenten (dessen Amtszeit seit Ende Mai 2024 abgelaufen ist) erinnern soll, steht eigentlich für Wladimir Schurawljow – und müsste im Deutschen eigentlich mit “Sch” statt mit “S” wiedergegeben werden. Ex-BND-Chef Hanning: Die Präsidenten Polens und der Ukraine haben Sprengung von Nord Stream geplant
“Sabotage”
Wie auch immer, der flüchtige Tauchlehrer habe sich, so deutsche Stellen, von Polen aus in die Ukraine abgesetzt. Im Juni habe der Bundesgerichtshof einen europäischen Haftbefehl samt Durchsuchungsbeschluss ausgestellt. Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft seien verärgert, weil Polen den Haftbefehl nicht vollstreckt habe. Der Welt am Sonntag (WamS) soll ein mit den Ermittlungen vertrauter Beamter erklärt haben, dass sie polnische Seite die Aufklärung der Straftat sabotiere. Der Vorwurf der “Strafverfolgungsvereitelung” stehe im Raum.
Auch Ex-BND-Präsident Hanning wiederholte seine Vorwürfe an die Adressen Polens und der Ukraine: “Offensichtlich hat ihn die polnische Regierung laufen lassen, um die eigene Beteiligung bei dem Anschlag auf die Pipelines zu vertuschen”, meinte der Alt-Geheimdienstler gegenüber der WamS. Als ob die Sprengung der Pipelines durch eine sechsköpfige ukrainische Tauchergruppe mithilfe einer kleinen Segeljacht bereits gerichtlich festgestellt sei, sprach Hanning wieder davon, dass “Operationen von einer derartigen Dimension […] ohne Billigung der politischen Spitzen der beteiligten Länder nicht vorstellbar” seien. In Polen hätten die Taucher ein spezielles Training erhalten, und die “Andromeda” habe im polnischen Kołobrzeg (deutsch: Kolberg) sieben Tage vor der Sprengung zusätzliche Ausrüstung an Bord genommen. Die deutschen Ermittler würfen den polnischen Behörden vor, Videoaufnahmen vom Segelhafen in Kołobrzeg “bewusst” zurückzuhalten, wodurch der Verdacht einer Komplizenschaft verstärkt werde…
Welt am Sonntag
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