Die europäischen Gasvorräte überstehen die ersten beiden Winter ohne riesige Lieferungen aus Russland überraschend entspannt. Dieses Jahr sinken die Füllstände jedoch rasant. Nicht nur der Bundesregierung schwant Böses: Muss sie wie vor drei Jahren Mondpreise bezahlen, um die Speicher wieder zu füllen?
Wenn die Deutschen dieser Tage bei Minusgraden ihre Heizungen aufdrehen, purzeln die Füllstände der Gasspeicher. Die Lage ist zwar stabil, die Versorgungssicherheit laut Bundesnetztagentur gesichert. Dennoch beobachten Branchenexperten bereits seit einigen Wochen mit Sorge, wie schnell sich die Gasspeicher leeren. Denn die Planungen für die kommende Heizperiode laufen bereits: “Es besteht ein zunehmendes Risiko, dass die EU den Winter mit niedrigen Füllständen beendet, was das Auffüllen teuer macht”, warnt der Chefanalyst von Global Risk Management in Kopenhagen im Wirtschaftsportal Bloomberg. Denn die Speicher müssen über den Sommer wieder gefüllt werden. Das treibt die Preise an den Gasmärkten schon jetzt nach oben. Es werden Erinnerungen an den Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine und die europäische Energiekrise wach.
Gas-Neuverträge sind 43 Prozent teurer als vor einem Jahr
Gerettet von milden Wintern?
Am 1. November müssen die europäischen Gasspeicher zu 90 Prozent gefüllt sein, so lautet die EU-Vorgabe. Das war im vergangenen Jahr kein Problem, die Vorgabe wurde bereits im August erfüllt. Die EU sei “bereit für den nächsten Winter”, erklärte die EU-Kommission stolz. Möglicherweise zu stolz, denn die Winter 2023 und 2024 hatten etwas gemeinsam: Sie waren ungewöhnlich mild, der Heizbedarf gering und somit der Bedarf, die Gasspeicher wieder aufzufüllen. Zu jeder Zeit waren sie zu mindestens 62 Prozent gefüllt.
Dieser Wert ist dieses Jahr bereits deutlich unterschritten worden. Der deutsche Füllstand beträgt knapp 40 Prozent – und damit fast 31 Prozentpunkte weniger als zur selben Zeit im Vorjahr. Denn dieser Winter ist kalt, die Menschen benötigen deutlich mehr Gas zum Heizen: Anfang dieser Woche kühlte die Luft speziell im Osten merklich ab, örtlich lag sie nachts bei minus 15 Grad oder noch weniger.
Zusätzlich wurden die Vorräte durch einen ungewöhnlich windstillen Jahresstart belastet, Erdgas deswegen zur Stromerzeugung genutzt. Gleichzeitig nahm der Nachschub ab, wenn auch minimal: Seit Jahresbeginn fließt kein Pipelinegas mehr aus Russland durch die Ukraine nach Europa, der langjährige Vertrag für Transitlieferungen lief zum Jahreswechsel aus.
ntv
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