Die Meldung wirkte wie ein Beben: Kim Jong-Un will Putin mit Männern unterstützen. In Wahrheit sind die Truppenmengen nicht entscheidend. Die Analyse.
Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj könnten über 10.000 reguläre nordkoreanische Truppen und damit umgerechnet zwei Bataillone oder eine Division auf Seiten Russlands an den Kämpfen in der Ukraine teilnehmen. Der südkoreanische Nachrichtendienst National Intelligence Service stellte hingegen in einer erstmals zum Thema Ukrainekrieg ergangenen offiziellen Presseaussendung fest, dass Pjöngjang 12.000 nordkoreanische Truppen zur Unterstützung von Wladimir Putins Angriffskrieg zur Verfügung stellen werde.
Davon befinden sich bereits 1.500 Mann nordkoreanischer Spezialeinsatzkräfte im Fernen Osten, in den Kasernen von Ussurijsk und Chabarowsk. Zum Transport nordkoreanischer Truppen haben russische Kriegsschiffe zudem erstmals seit 1990 die Militärhäfen von Nordkorea angelaufen. Mit dem Zurverfügungstellen seiner Truppen für den völkerrechtswidrigen russischen Krieg wird Nordkorea zur Kriegspartei. Den obersten Führer der Demokratischen Volksrepublik Korea Kim Jong-Un dürfte diese Tatsache aber nicht weiter stören.
Die Russen müssen viele Toten beklagen, die Ukrainer aber auch
In den westlichen Medien und Politetagen sorgten diese Ankündigungen für spürbare Unruhe. Einige Publizisten sahen gar den Ungeist des Dritten Weltkrieges aufziehen. Doch was sind die Gründe für den Einsatz nordkoreanischer Truppen und welche Folgen könnte dieser Einsatz mit sich bringen? Einen Gamechanger im Ukrainekrieg bedeutet der Einsatz nordkoreanischer Truppen aus aktueller Sicht jedenfalls nicht. Auch die Warnungen vor einem Weltkrieg scheinen deutlich verfrüht zu sein.
Während Nordkorea seit einigen Monaten als verlässlicher russischer Lieferant von Artilleriegeschossen und ballistischen Raketen auftritt, wusste die Entsendung nordkoreanischer Truppen zu überraschen und liefert einen Indizienbeweis für den enormen Truppenhunger Russlands. Nach medienöffentlichen Angaben westlicher Nachrichtendienste begegnet Russland seit Frühjahr 2024 Verlusten von zeitweise weit über 1.000 Mann pro Tag..
Doch auch die Verluste der Ukraine seien mit rund 80.000 Toten und 400.000 Verletzten sehr hoch, so Wall Street Journal unter Verweis auf Informationen westlicher Nachrichtendienste. Aktuell gelingt es Russland durchschnittlich, 30.000 bis 35.000 Vertragssoldaten pro Monat zu rekrutieren. Die für russische Verhältnisse ohnehin hohe Auszahlungen steigen seit Monaten an; doch nur mit sehr mäßigem Erfolg für die konkreten Rekrutierungszahlen
Nach wie vor bleiben viele Fragen unbeantwortet
Der aktuelle Deal zwischen Wladimir Putin und Kim Jong-Un wird das russische Problem des zunehmenden Truppenmangels freilich nicht lösen. Dennoch werden 12.000 nordkoreanische Soldaten Russland mit Sicherheit eine gewisse Hilfe und für die ukrainischen Streitkräfte ein wahrnehmbares Ärgernis sein. Um einschätzen zu können, wie überschaubar diese Truppenzahl für die Maßstäbe des Ukrainekrieges eigentlich ist, genügt der Blick auf die ukrainische Angriffsoperation in der Region Kursk. Auf ukrainischer Seite nehmen in Kursk bis zu 15.000 Mann teil, auf russischer Seite zwischen 30.000 und 50.000 Mann. Vor diesem Hintergrund sind 12.000 Mann eine nennenswerte, doch letztlich keine kriegsentscheidende Größe. Zudem muss Russland die nordkoreanischen Truppen adäquat ausrüsten. Gerade Letzteres bildet für Russland seit Invasionsbeginn ohnehin eine Herausforderung.
berlinerzeitung
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