Trump hat versprochen, den Ukraine-Konflikt noch vor seinem Amtsantritt zu beenden. Das ist natürlich unwahrscheinlich, aber die Meldungen der letzten Tage zeigen, dass es mit der westlichen Unterstützung für Kiew künftig schlecht aussehen könnte. Wie geht es mit der Ukraine weiter?
Dass es für Selensky schlecht aussieht, ist spätestens seit Ende September klar, als er mit seinem „Siegesplan“ in die USA gereist ist und dort in allen Punkten eine Abfuhr erhalten hat. Anschließend haben die USA sogar ein schon angesetztes Treffen im Ramstein-Format zur Unterstützung der Ukraine abgesagt und die Betteltour durch Europa, die Selensky stattdessen abgehalten hat, hat ihm ebenfalls nur Absagen gebracht. Und als Biden dann einige Tage später doch noch nach Berlin kam, wurde Selensky zu dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der USA nicht einmal eingeladen.
Selenskys Ausfälle vor der US-Wahl
Dass bei Selensky die Nerven danach blank lagen, konnte man ab Ende Oktober deutlich sehen. Damals war an US-Medien durchgestochen worden, dass Selensky in seinem „Siegesplan“ auch die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern gefordert hatte, um Ziele über 2.000 Kilometer tief im russischen Hinterland angreifen zu können, was die US-Regierung entsetzt abgelehnt hat. Selensky beschwerte sich daraufhin am 30. Oktober auf einer Pressekonferenz über die Indiskretion und beklagte, dass das bedeute, „dass es nichts Vertrauliches zwischen den Partnern gibt“, was eine mehr als deutliche Kritik an den USA war.
Auf der gleichen Pressekonferenz griff Selensky die westlichen Länder auch in anderen Fragen scharf an. Er beschwerte sich, dass sein „Siegesplan“ im Westen nicht auf Begeisterung gestoßen ist und dass man ihn im Westen beschuldigte, den Konflikt eskalieren zu wollen. Außerdem beschuldigte er die NATO-Staaten, ihr Wort gebrochen zu haben. Am folgenden Tag kam aus Polen die Meldung, dass Polen der Ukraine nicht wie angekündigt weitere MiG-29 liefern werde, weil es die selbst brauche und der polnische Außenminister Sikorski bedauerte öffentlich, dass Polen der Ukraine bisher unentgeltlich geholfen habe, anstatt die Hilfe als Kredite zu geben.
An dem Tag meldeten westliche Medien auch, dass in Kiew Pessimismus um sich greife, weil sich die Lage an der Front für die Ukraine zu allem Überfluss auch immer weiter verschlechtert. Am 3. November wurde gemeldet, die ukrainische Front stehe kurz vor dem Zusammenbruch und wie schlimm der Personalmangel der ukrainischen Armee inzwischen ist, zeigte die Meldung, dass in der Ukraine Soldaten der Luftabwehr als Infanteristen an die Front schickt. Das scheint auch bitter nötig zu sein, denn laut dem Economist sind 20 Prozent der ukrainischen Soldaten von der Front desertiert.
Nach der US-Wahl
Dass Trump den Ukraine-Krieg beenden will, ist für die noch amtierende US-Regierung eine Horrormeldung. Daher hat das Weiße Haus unmittelbar nach der Wahl verkündet, die verbleibenden Waffenlieferungen im Wert von über sechs Milliarden US-Dollar so schnell wie möglich der Ukraine übergeben zu wollen. Da Trump die noch nicht ausgelieferten Waffenlieferungen nach seinem Amtsantritt stoppen könnte, will das Weiße Haus die Waffen so schnell wie möglich an Kiew übergeben. Die geplante Lieferung umfasst sowohl Waffen, die bereits in den Beständen des Pentagon lagern, als auch neue Rüstungsaufträge für US-Waffenhersteller. Insgesamt 4,3 Milliarden US-Dollar sollen für bereits gelagerte Bestände ausgegeben werden, weitere 2,1 Milliarden für neue Aufträge.
Dass Trump Kiew zu Verhandlungen drängen dürfte, hat man aber anscheinend auch in der noch amtierenden US-Regierung akzeptiert, denn am 8. November erklärte das US-Außenministerium in einer Pressekonferenz, dass die USA Selensky unterstützen würden, wenn er beschließen sollte, mit Russland Verhandlungen über die Beilegung des Konflikts aufzunehmen. Selensky scheint jedoch weiter in seiner Traumwelt zu leben, Verhandlungen abzulehnen und immer noch von einem Sieg über Russland zu träumen, denn er lehnte am gleichen Tag jede Unterstützung beim Beginn von Verhandlungen mit Russland ab. Stattdessen sagte er, die Ukraine brauche „genügend Waffen, und keine Unterstützung bei den Verhandlungen“. Dabei verwies er wieder auf seinen „Siegesplan“, den umsetzen wolle.
In der Ukraine gibt es neben Selensky auch noch andere Traumtänzer, die nicht verstanden haben, was die Stunde geschlagen hat. Der ehemalige ukrainische Präsident Poroschenko erklärte, die Ukraine werde neue Grenzen niemals anerkennen, es sei ausgeschlossen, dass Kiew einer Einschränkung der ukrainischen Streitkräfte zustimme, und natürlich sei ein Kriegsende ohne NATO-Mitgliedschaft der Ukraine undenkbar.
Russland hat seine minimalen Bedingungen jedoch genannt und auf weniger wird Russland sich kaum einlassen. Die drohende NATO-Mitgliedschaft der Ukraine war der Hauptgrund für die russische Intervention und sie bleibt für Russland inakzeptabel. Die Ukraine soll nach Russlands Willen ein neutraler und blockfreier Staat bleiben, in dem keine ausländischen Truppen stationiert werden dürfen. Russland fordert außerdem, die Anerkennung der neuen Grenzen, die Abrüstung der Ukraine und die Garantie der Rechte der ethnischen Minderheiten in der Ukraine. Und Russland fordert darüber hinaus die Aufhebung aller Sanktionen und Gespräche über eine stabile Sicherheitsarchitektur in Eurasien.
Darüber, wie Trump den Ukraine-Konflikt zu beenden gedenkt, gibt es bisher nur Gerüchte. Die Rede ist in der Regel von einem Einfrieren des Konfliktes an der Kontaktlinie und von einer – wie auch immer gearteten – (teilweisen?) Anerkennung der russischen Gebietsgewinne. Außerdem wurde berichtet, dass Trump den NATO-Beitritt der Ukraine für mindestens 20 Jahre auf Eis legen wolle.
Wie lange hält Kiew noch durch?
Die andere Frage ist, wie lange die Ukraine noch durchhält, denn aus dem Donbass wird inzwischen täglich berichtet, die ukrainische Front stehe kurz vor dem Zusammenbruch. Und da die zwangsweise Mobilisierung in der Ukraine inzwischen weit hinter den Erwartungen zurückbleibt, könnte der Mangel an Soldaten dazu führen, dass die Ukraine ihre Front nicht halten kann. Und wenn es in der Ukraine nicht genug ausgebildete Soldaten gibt, würden auch die schönsten Waffenlieferungen nicht wirklich weiterhelfen.
Allerdings wird berichtet, dass Kiew weit hinter der Front eine neue Verteidigungslinie aufbaut. Es ist also möglich, dass die Ukraine weite Gebiete östlich des Dnjepr aufgibt und sich hinter dem Fluss verschanzt. So könnte Kiew den Krieg noch einige Zeit verlängern, weil eine Überquerung des Flusses schwierig ist und vor allem, weil die Versorgung von Truppen nach einem Flussübergang sehr schwierig wäre, weil die Ukraine sämtliche Brücken sprengen und jede improvisierte Brücke mit Drohnen angreifen könnte.
Das war ja beispielsweise der Grund dafür, dass Russland im Herbst 2022 Cherson geräumt hat, weil es unmöglich war, ohne funktionierende Brücken die Zivilisten in der Stadt und die russischen Einheiten dort zuverlässig zu versorgen. Daher ist es schwierig, einzuschätzen, wie lange die Ukraine noch durchhalten kann. Sollte die EU entscheiden, Kiew auch ohne die USA weiterhin zu unterstützen, kann der Krieg noch einige Zeit weitergehen, zumal wenn Kiew sich hinter dem Dnjepr verschanzt.
Sollte die EU ihre Beschlüsse wieder kippen und die weitere Unterstützung der Ukraine aufgeben, dann müsste Kiew schnell an den Verhandlungstisch kommen, weil es den Krieg ohne westliche Unterstützung nicht lange fortsetzen kann. Meiner Meinung nach hängt daher nun alles davon ab, wie die EU sich entscheidet, denn spätestens nach Trumps Amtseinführung dürfte die Unterstützung der USA zu Ende gehen und die EU müsste entscheiden, ob sie alleine weitermacht.
Antispiegel.ru
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